QGIS Advanced – Lektion 2

Geoverarbeitung

Beschreibung:

In diesem Tutorial geht es um den Vorgang der Geoverarbeitung (engl. Geoprocessing). Das Tutorial ist aufgeteilt in einen vorbereitenden Theorieteil und einen darauf aufbauenden praktischen Teil. Im praktischen Part machen wir mithilfe der Geoverarbeitung eine Fläche ausfindig, die vorher festgelegte Kriterien erfüllt. Wir sprechen hier von einer Potentialfläche, also einer Fläche, die das Potential besitzt, eine bestimmte Funktion zu erfüllen. In unserem Beispiel suchen wir nach einer Fläche, die für die Errichtung eines Solarparks geeignet ist und daher entsprechende Voraussetzungen erfüllen muss. Im nächsten Tutorial lernen wir, wie diese räumliche Analyse anhand von Modellen automatisiert werden kann.

Lernziele:

  • Anwendung einiger Analyse-Werkzeuge (Overlay Tools): BUFFER, DISSOLVE, INTERSECT, CLIP, DIFFERENCE

Vorab (Theorie):

  1. Bevor es losgeht, hier ein kurzer Ausflug in die Funktionsweise der Geoverarbeitungstools. Geoverarbeitungswerkzeuge erstellen aus einem oder mehreren vorhandenen Layern einen neuen Datensatz. Man findet die Werkzeuge unter „Vektor“ → „Geoverarbeitungswerkzeuge“. Abgesehen von „Puffer“, „Auflösen“ und „Vereinigungen“, für die ein Layer ausreicht, benötigen die Werkzeuge jeweils zwei Eingabelayer, die in irgendeiner Form übereinander liegen müssen, damit daraus ein neuer Layer erstellt werden kann. Daher werden sie auch als „Overlay-Tools“ bezeichnet.
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  1. Am besten kann man sich vorstellen, wie die neuen Datensätze erstellt werden, wenn man sich einmal bildlich vor Augen führt, was die Werkzeuge jeweils mit dem/den Eingabelayer/n anstellen.

  • Wie man sich bereits anhand des Namens denken kann, erstellt der „Puffer“ („buffer“) einen Puffer um den Eingabelayer, dessen Umfang beliebig gewählt werden kann. Das geht sowohl für Punkt-, Linien- als auch für Polygonobjekte. Das Resultat ist immer ein Polygon-Layer, auch wenn der Input-Layer ein Punkt oder eine Linie ist.

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  • Der Befehl „Zuschneiden“ („clip“) funktioniert ähnlich wie das Plätzchen Ausstechen. Der Eingabelayer (z.B. Landbedeckung) ist der großflächige Teig, aus dem mithilfe der Geometrie eines weiteren Layers (z.B. administrative Grenzen eines Landkreises), quasi dem Förmchen, ein Teil ausgeschnitten wird. Im neu erstellten Datensatz bleibt dann nur noch die Geometrie des „Förmchens“ mit den darin enthaltenen Daten des Eingabelayers übrig.

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  • Mithilfe von „Auflösen“ („dissolve“) werden die Geometrien von Objekten zusammengefasst. Aus einem kleinteiligen Layer Thüringens mit allen Gemeinden kann so beispielsweise ein Layer mit den Kreisgrenzen oder, noch gröber, mit den Landesgrenzen generiert werden. maptransfer.de-tutorial-geoverarbeitung-03
  • „Vereinigung“, „Verschneiden“, „Differenz“ und „Symmetrische Differenz“ funktionieren wie auf den folgenden vier Abbildungen dargestellt:

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Los geht’s (Übung):

  1. In unserer Beispielübung werden wir von einem Planungsbüro beauftragt, eine Potentialfläche für einen Solarpark im Kreis Gotha in Thüringen zu identifizieren. Sie soll die folgenden drei Kriterien erfüllen:
    1. Maximal 200 Meter von Autobahnen entfernt.
    2. Nur auf landwirtschaftlich genutzten Flächen (bzw. Wiesen und Weiden).
    3. Mindestens 50 Meter von Hochspannungsleitungen entfernt.

    Sobald die Potentialfläche identifiziert ist, sollen zwei Fragen sollen beantwortet werden:

    1. Wie groß ist die Potentialfläche in qkm?
    2. Wie viele Flurstücke liegen entweder ganz oder teilweise in dieser Potentialfläche?
  2. Zunächst interessieren uns die Autobahnen im Kreis Gotha. Lade den Layer „strassen_hauptstr“ in QGIS ein.

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  1. Wir möchten aus diesem umfangreichen Layer einen Layer erstellen, der nur aus Autobahnen, nicht aus anderen Straßen, besteht. Gehe per Rechtsklick auf den Layer im Layerfenster und öffne den „Filter“. Die Unterteilung in verschiedene Straßentypen wird durch die Bezeichnung (BEZ) ersichtlich. Alle Autobahnen beginnen mit einem „A“. Wir schreiben nun den folgenden Code:

"BEZ" LIKE 'A%'

Gehe dafür per Doppelklick auf das Feld „BEZ“, dann auf den Button LIKE und schreibe abschließend ‘A%’. Bestätige mit „ok“. So werden nun alle Felder gefiltert, deren Bezeichnung mit A beginnt. Das Prozentzeichen steht für eine unbegrenzte Anzahl von Zeichen.

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  1. Übrig bleiben 163 Objekte. Als kleinen Test, ob auch wirklich die richtigen Straßen gefiltert wurden, kannst du unter „Web“ → „QuickMapServices“ die Grundkarte (Basemap) „Google Road“ einladen.

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So kannst du verifizieren, dass unter den identifizierten Autobahnen auch tatsächlich welche liegen. Danach kannst du die Basemap wieder aus dem Layerfenster löschen.

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  1. Nun möchten wir einen Puffer von 200 Metern um die gefilterten Autobahnen legen. Denn: Unsere Potentialfläche soll ja maximal 200 Meter von Autobahnen entfernt sein. Gehe dafür auf „Vektor“ → „Geoverarbeitungswerkzeuge“ → „Puffer“. In dem sich öffnenden Fenster, ist der Eingabelayer „strassen_hauptstr“ schon richtig ausgewählt, da das bislang der einzige Layer im Projekt ist. Wähle bei „Entfernung“„200“ und bestätige mit „Starten“.

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Der neue Puffer-Layer besteht nun aus 163 einzelnen Flächen. Denn: Das Tool puffert jedes einzelne Liniensegment gesondert.

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  1. Für unsere Zwecke möchten wir allerdings nur eine einzige Pufferfläche. Dafür müssen wir bei den Puffer-Einstellungen den Haken bei „Ergebnis auflösen“ setzen.

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Damit wird parallel zum Puffer der Befehl „Dissolve“ („Auflösen“) auf den Puffer angewandt, also die Grenzen zwischen den einzelnen Objekten aufgelöst. Den Puffer mit den 163 Objekten kannst du aus dem Layerfenster löschen.

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  1. Ein weiteres Kriterium, welches unsere Potentialfläche erfüllen soll, ist dass sie nur auf landwirtschfatlichen Flächen liegen darf. Lade also den Layer „landbedeckung“ ein und klappe ihn im Layerfenster aus, damit du dir die verschiedenen Landbedeckungsklassen anschauen kannst. Alle landwirtschaftlichen Klassen beginnen mit einer „2“.

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  1. Daher filtern wir diese Klassen. Gehe per Rechtsklick auf den Layer „landbedeckung“ → „Filter“, schreibe folgenden Ausdruck und bestätige mit „ok“:

"CLC18" LIKE '2%'

  1. Uns interessieren die Schnittflächen des Puffers mit den gefilterten landwirtschaftlichen Flächen. Denn alles außerhalb des Puffers erfüllt nicht die Bedingung, maximal 200 Meter von Autobahnen entfernt zu sein. Aber auch innerhalb des Puffers gibt es weiße Leerflächen, die die Bedingung ebenfalls nicht erfüllen, da sie keine landwirtschaftlich genutzten Flächen darstellen. Zur besseren Orientierung, kannst du die Transparenz des Puffers erhöhen. Öffne dafür das Layergestaltungsfenster und reduziere die „Deckkraft“ soweit, bis du die darunter liegenden Klassen gut erkennen kannst.

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  1. Da uns nur die Teile der Landbedeckung interessieren, die innerhalb des Puffers liegen, werden wir die Landbedeckung nun entsprechend zuschneiden. Dafür benötigen wir das Werkzeug „Zuschneiden“ („Clip“). Gehe also auf „Vektor“→ „Geoverarbeitungswerkzeuge“ → „Zuschneiden“. Wähle bei „Eingabelayer“ „landbedeckung“, bei „Layer überlagern“ „Gepuffert“ und starte den Vorgang.

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  1. Im Layerfenster erscheint der soeben zugeschnittene Layer („Zugeschnitten“). Er besteht aus 39 Objekten. Das sind die unterschiedlichen Landbedeckungsflächen, die innerhalb des Puffers liegen. Wenn du die anderen Layer im Layerfenster deaktivierst, kannst du dir den zugeschnittenen Layer besser vor Augen führen.

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  1. Da all diese einzelnen landwirtschaftlichen Flächen unsere Bedingungen erfüllen, brauchen wir die Unterscheidung zwischen den einzelnen Flächen nicht. Wir erzeugen also den selben Layer mit nur einer Fläche. Dafür öffnen wir das Werkzeug „Dissolve“ („Auflösen“): „Vektor“ → „Geoverarbeitungswerkzeuge“ → „Auflösen“. Wähle als „Eingabelayer“ „Zugeschnitten“ aus und starte den Vorgang. Im Layerfenster erscheint nun der aufgelöste Layer „Aufgelöst“, der nur noch aus einem großen Polygon besteht, auch „Multipart-Polygon“ genannt.

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  1. Lade den Layer „Hochspannungsleitungen“ ein. Du wirst sehen, dass die Hochspannungsleitungen einige Flächen des Layers „Aufgelöst“ schneiden. Diese Flächen erfüllen also nicht alle unsere Bedingungen. Denn die Potentialfläche muss mindestens 50 Meter von den Hochspannungsleitungen entfernt sein.

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  1. Daher wenden wir erneut das „Puffer“-Werkzeug an. Um gleich nicht nicht durcheinander zu kommen, kannst du den vorher erzeugten Puffer in „puffer_200m_autobahn“ umbenennen. Gehe dann auf „Vektor“ → „Geoverarbeitungswerkzeuge“ → „Puffer“. Wähle bei „Eingabelayer“ die „hochspannungsleitungen“, bei „Entfernung“ 50 Meter, setze den Haken bei „Ergebnis auflösen“ und bestätige mit „Starten“.

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  1. Der so erzeugte Puffer markiert den Bereich, wo keine Solarparks gebaut werden dürfen. Benenne ihn um in „puffer_50m_hsl“.

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  1. Jetzt kommt das Werkzeug „Differenz“ zum Einsatz, denn wir möchten den aufgelösten Layer (rot) minus den Puffer (gelb) erhalten. Gehe auf „Vektor“ → Geoverarbeitungswerkzeuge“ → „Differenz“. Wähle bei „Eingabelayer“ „Aufgelöst“ und bei „Layer überlagern“ „puffer_50m_hsl“. Dadurch wird die rote Fläche mithilfe der darüber liegenden gelben Pufferfläche ausgestanzt. Bestätige mit „Starten“.

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  1. Wenn du einmal alle Layer außer dem neuen Differenz-Layer deaktivierst (Häckchen im Layerfenster herausnehmen), kannst du besser sehen, dass wirklich nur die Flächen übrig bleiben, die alle drei Bedingungen erfüllen. Entsprechend benennen wir den Layer „Differenz“ um in „POTENTIALFLAECHE“. Das ist der entscheidende Layer, die anderen sind nur aus Zwischenschritten entstanden, die wir nun nicht mehr benötigen.

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  1. Kommen wir zum letzten Schritt – der Beantwortung der zwei Fragen. Zunächst sollen wir beantworten, wie groß die Fläche unserer Potentialfläche ist. Öffne die Attributtabelle des Layers „POTENTIALFLAECHE“. Aktiviere den Bearbeitungsmodus indem du auf das Stiftsymbol klickst („Bearbeitungsmodus umschalten“).

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  1. Jetzt erstellen wir eine neue Spalte, in der die Gesamtfläche angegeben wird. Öffne dazu den „Feldrechner“, indem du auf das Symbol des Rechenschiebers in der Symbolleiste der Attributtabelle klickst.

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  1. Schreibe bei „Ausgabefeldname“ „flaeche_qkm“ und wähle bei „Ausgabefeldtyp“ „Dezimalzahl (real)“ aus. Erhöhe die „Ausgabefeldlänge“ auf 12, damit die Feldbezeichnung bis zu 12 Zeichen lang sein kann. Bei „Genauigkeit“ kannst du die 3 stehen lassen, dadurch werden dann bei der Gesamtfläche bis zu 3 Nachkommastellen angegeben. Klappe im mittleren Feld das Drop-Down Menü „Geometrie“ aus und wähle per Doppelklick „$area“. Das erscheint dann links im Ausdrucksfenster. Ergänze den Ausdruck mit einem Schrägstrich und tippe 1000000 (1 Million). Bestätige mit „ok“.

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  1. In der neu erstellten Spalte müsste jetzt die Gesamtfläche 10,968 qkm erscheinen. Das heißt, wir haben eine Potentialfläche im Kreis Gotha ermittelt, deren Fläche 10,97 qkm beträgt und die sich für die Errichtung von Solarparks eignet, weil sie max. 200 Meter von Autobahnen entfernt ist, sich nur auf landwirtschaftlich genutzten Flächen befindet und mind. 50 Meter von Hochspannungsleitungen entfernt ist. Well done!

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  1. Jetzt möchten wir zum Schluss noch wissen, wie viele Flurstücke sich entweder ganz oder teilweise auf unserer Potentialfläche befinden. Lade den Layer „fluerstuecke_auszug“ in das Projekt ein und versuche als kleine Übung einmal, ob du das alleine hinbekommst (die Lösung siehst du im Bild).

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Du hast die Übung hiermit abgeschlossen, herzlichen Glückwunsch! 😊 Wenn du Lust hast, kannst du direkt zum nächsten Tutorial gehen, da lernst du, das Ganze durch Modelle zu automatisieren. Viel Spaß!